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IMPULS

Auf Einladung des Pfarrers Don Antonino Costa vom Berliner Künstler Kain Karawahn am 16. November 2004 in der Kirche San Vincenzo/Stromboli/Italien gehaltene Rede vor KünstlerInnen und Kunstinteressierten, simultan übersetzt von Barbara Engele-Utano


Ich heisse Kain Karawahn, lebe in Berlin und beschäftige mich seit 20 Jahren mit der kulturellen und künstlerischen Beziehung des Menschen zum Feuer. Hierzu untersuche und benutze ich überwiegend künstlerische Ausdrucksformen wie Fotografie, Video, Theater, Musik, Performance und Text. In Deutschland sind mehrere Bücher über meine Arbeiten erschienen, in denen nicht nur meine künstlerischen Werke publiziert worden sind, sondern auch meine kulturhistorischen Untersuchungen zu Themen wie Feuer und Theater, Feuer und Literatur, Feuer und Sexualität usw. Ich arbeite auch an Universitäten, in Schulen und Kindergärten, um dort mit künstlerischen Methoden einen kulturerhaltenden Umgang mit Feuer zu vermitteln. Ich kooperiere mit der Feuerwehr, um kulturelle Methoden der Brandschutzerziehung für Kinder und Jugendliche zu entwickeln und schreibe hierüber auch für das Fachmagazin der deutschen Feuerwehr.

Seit 1999 komme ich einmal im Jahr nach Stromboli, um in der weltweit einmaligen Atmosphäre eines bewohnten Vulkans künstlerisch zu experimentieren. Nicht allein, sondern mit Freunden aus aller Welt. Jeder zahlt Reise und Aufenthalt und Verpflegung usw. selbst. Denn hier gibt es etwas, was wir nicht haben - und doch mitnehmen können, und zwar in Form von Inspiration und Kunst. Stromboli ist für mich nicht nur ein Naturereignis, sondern darüberhinaus eine Naturbühne für kulturelle Ereignisse. Das, was die Teilnehmer der Feuersalons auf Stromboli bisher künstlerisch realisieren konnten, hat nicht nur mich geistig bereichert, sondern auch viele andere Menschen in der Welt.

Ich spreche ganz schlecht Italienisch, doch bin ich deshalb ein schlechter Mensch? Ich spreche viel besser deutsch als die meisten Strombolianer, doch bin ich deshalb ein besserer Mensch? Ich habe zu akzeptieren, wenn mir ein Strombolianer sagt, dass mein Italienisch sehr schlecht ist, doch fühle ich mich darüber nicht beleidigt, denn es ist ja nur eine ganz persönliche Aussage über ein Werk von mir, eben meine Kunst, italienisch zu sprechen, welche tatsächlich schlecht ist. Das ist auch ein Grund dafür, weshalb ich in all den bisherigen sechs Feuersalons auf Stromboli mich mit fast keinem Strombolianer unterhalten konnte.

Doch übe ich mich seit mehr als 25 Jahren in einer Sprache, die international ist, die fast alle Menschen sprechen oder mal sprechen konnten oder noch und wieder lernen sollten, zu sprechen. Es ist die Sprache der Kunst. Doch habe ich bis heute auf Stromboli keinen Ort gefunden, wo die Sprache der Kunst öffentlich gezeigt wird.

Ich weiss, dass auf Stromboli viele Menschen leben, die sich in der Sprache der Kunst ausdrücken, sowie das auch immer wieder einige Teilnehmer des Feuersalons praktizieren. Warum begegnen wir uns nicht beim nächsten Feuersalon im März 2005? Warum lassen wir nicht unsere Kunstwerke gemeinsam, miteinander oder auch gegeneinander sprechen, öffentlich und in öffentlichen Räumen, um dadurch auch andere Menschen ins Sprechen zu bringen. Dass sie sagen, ob ihnen das Kunstwerk etwas sagt, egal ob positiv oder negativ. Denn die Sprache der Kunst hat den grossen Vorteil, keine festen Regeln zu haben, wie das in anderen Sprachen der Fall ist. Es gibt zwar Menschen, die davon sprechen, dass es Regeln in der Sprache der Kunst gibt, aber da beginnt schon die Sprache der Wirtschaft, die mit einigen Kunstwerken auch handeln will. Das ist legitim, aber nicht primäres Kriterium für Kunst. Denn die Sprache der Kunst ist nicht messbar wie der Wert einer Banane. Die Sprache der Kunst kann niemals schlecht werden wie eine Banane. Die Sprache der Kunst ist immer eine lebendige, eine kulturerhaltende. Sie war vor fünftausend Jahren eine andere als heute und doch sprechen derart alte Kunstwerke auch heute noch. Die Sprache der Kunst hat sich immer wieder verändert und muss sich immer wieder erneuern - täglich. Das ist die einzige Regel, die ich anerkenne.

Und so ist auch der Vulkan Stromboli ein Werk, dass sich seit mehr als 2.000 Jahren ständig erneuert, sichtbar und hörbar spricht, mit Rauchzeichen, Lavafontänen und Donnern - und so für mich eine Metapher für Kunst kreiert. Wie es dem Vulkan egal ist, was er spricht, so ist es doch für alle Strombiolianer wichtig, dass er spricht. Denn je weniger er spricht, desto lebensgefährlicher wird es. Und genauso ist es mit der Kunst. Je weniger Menschen Kunst machen, sich für Kunst interessieren, die Sprache der Kunst pflegen, desto gefährlicher für uns alle. Und um das zu verhindern, müssen wir alle gemeinsam die Sprache der Kunst vermehren, so wie alle Vulkane der Welt mit ihren Aktivitäten unseren Planeten und unsere Kultur bereichert haben.



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